Miya Folick über Buddhismus und die einfachen Dinge des Lebens
"Es gibt Menschen, die Erfolg haben, weil sie gemein zu anderen sind. Das ist nicht mein Weg."
Am 26. Oktober erscheint Miya Folicks erstes Album „Premonitions“, das sich bereits durch die Singles „Stop Talking“ und „Thingamajig“ ankündigte. Folick überzeugt durch eine besondere Stimme, mit der sie beinahe Akrobatisches anstellt, sowie ein ausgereiftes Songwriting voll toller Melodien. So möchte sie eigener Aussage nach die Menschen zum Tanzen, aber auch zum Weinen bewegen. Wir haben uns mit Miya über ihre ungewöhnliche Biografie und wichtige Entscheidungen in ihrem Leben unterhalten.
Du hattest bereits einige Jahre Schauspiel studiert, als du den Entschluss getroffen hast, doch lieber professionelle Musikerin zu werden. Gab es eine Art Initialzündung dafür?
Miya: Ich habe diese Entscheidung quasi über Nacht getroffen, doch basiert sie natürlich darauf, dass ich schon immer auch Musik gemacht habe. Ich habe einen Großteil meiner Zeit dafür aufgebracht und nur ein Minimum für die Schauspielerei. In diesem Moment habe ich wohl endlich realisiert, dass mir die Musik eben am meisten Spaß macht, Songs zu schreiben, die mich berühren und bewegen. Außerdem bin ich als Musikerin viel freier, denn ich kann alles selbst machen, bin erstmal von niemandem abhängig.
Und die Schauspielerei fehlt dir jetzt so gar nicht? Oder lebst du diese Seite in deinen eigenen Videos hinreichend aus?
Manchmal vermisse ich es schon. Ich mag es, mich lange mit einer Figur zu beschäftigen, sie zu kreieren, ihr Leben einzuhauchen. Das fehlt mir schon. Aber es stimmt, ich kann das ein Stück weit in meinem Videos umsetzen. Dennoch würde ich hier und da schon gern noch mal eine Rolle übernehmen, muss ich zugeben.
Du bist halb Japanerin, halb Russin, geboren und aufgewachsen als Buddhistin in Kalifornien. Das klingt wild. Wie sehr hat dich diese Mischung der Kulturen als Künsterlin beeinflusst?
Aufgrunddessen ist meine Musik eher selten von Bands und Musikern beeinflusst, die meine Freunde früher gehört haben. Ich kenne vieles davon nicht, denn so bin ich nicht aufgewachsen. Ich bin eher mit kultureller Musik groß geworden, buddhistische und Chormusik vor allem. Auch hat mein buddhistischer Background sicherlich die Art und Weise, wie ich mit Menschen interagiere, geprägt. Allerdings kann ich schwer einschätzen, wie sehr mich das am Ende tatsächlich beeinflusst hat, denn ich kenne es nur so.
Was überträgst du aus dem Buddhismus in deine Karriere als Musikerin?
Der Buddhismus vermittelt dir, dass du perfekt bist, wie du bist, und ich denke, das hilft mir schon sehr, bei allem was ich tue. Ebenso wie der Grundsatz, stets ein guter und freundlicher Mensch zu sein und zu bleiben, egal, welchen Karriereweg du einschlägst. Sicherlich gibt es auch Menschen, die Erfolg haben, obwohl oder gar weil sie gemein zu anderen sind, aber ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist.
Gibt es aktuelle Musik, die du gerade gerne hörst beziehungweise welche Musik hörst du, wenn du nicht gerade selbst welche machst?
Ich höre in meiner Freizeit tatsächlich sehr wenig Musik. Bei mir daheim ist es dann eher sehr ruhig, oder ich höre Podcasts. Wenn ich privat unterwegs bin, bevorzuge ich Ambient, Sachen von Brian Eno zum Beispiel.
Nach einigen EPs steht jetzt dein erstes Album bereit. Was hat sich bei dir verändert, warum jetzt ein Langformat?
Ich bin eher eine Album- als ein Song-Künstlerin, so lassen sich verschiedene Teile der Geschichte erzählen, ich kann unterschiedliche Sounds und Stimmungen präsentieren. Und es ist für einen Künstler immer gut, seine ganze Arbeit zeigen zu können, als nur Ausschnitte in Form einzelner Singles oder auch EPs. Ein Autor schreibt auch nicht nur ein Kapitel, er schreibt ein ganzes Buch.
Du hast das Album „Premonitions“ – also Vorahnungen – genannt. Welche Idee steckt dahinter?
Ich wollte, dass das Album die Vergangenheit und die Zukunft abbildet. Ich denke, die Vorahnung deutet auf etwas Zukünftiges hin, ist aber verankert im Vergangenen, denn sie basiert auf gemachtem Erfahrungen, Erlebnissen und Erwartungen. Es ist ein Wort, das dieses Vergangenheit/Zukunftgefühl rüberbringt, das mir für dieses Album wichtig war.
Produzent deines Albums ist Justin Raisen, der schon mit Charli XCX, Agnes Obel und Santigold gearbeitet hat. Wie kam es dazu?
Wir haben uns durch verschiedenen Leute kennengelernt, und ich hatte auch schon mit anderen Produzenten gesprochen, ehe ich ich für ihn entschieden habe. Er lebt wie ich in Los Angeles, und wir hatten direkt eine spezielle Verbindung zueinander. Er war mit sehr viel Leidenschaft bei der Sache, und ich wusste, wir würden in den gemeinsamen Monaten im Studio etwas Besonderes auf die Beine stellen.
Was waren thematisch die Dinge, die dich beim Schreiben der Songs bewegt und inspiriert haben?
Es geht in erster Linie um Dinge und Aktivitäten, mit denen sich die meisten Menschen identifizieren können. Freundschaft, der Kaffee am Morgen, Dinner am Abend, Spazierengehen, sich auf Partys unwohl fühlen … alltägliche Erfahrungen, die jeder schon gemacht hat. Und auf der anderen Seite wollte ich ihm aber auch etwas Magisches geben, denn jedes dieser alltäglichen Erlebnisse ist auch etwas Besonderes. Es ist etwas Einzigartiges, das durch eine minimale Verschiebung – hätte sich zum Beispiel ein anderes Spermium durchgesetzt – so nie stattgefunden hätte. Allein, dass es Kaffee gibt und wir ihn aus kleinen Tassen trinken können, ist etwas Fantastisches. Es geht also darum, all das sehen und schätzen zu können. Wir wollten ein Album über normale Dinge machen, die trotzdem toll sind.
Du bist im Dezember fünf Mal live in Deutschland zu sehen. Was kann der Zuschauer erwarten?
Im Moment stecken wir mitten in den Proben der neuen Songs, aber wir werden natürlich auch einige der alten spielen. Wir, das bin ich mit meiner Band. Ich schätze, es wird ein großer Spaß, aber auch sehr emotional, manchmal sogar ein wenig traurig. Es hat was von einer Achterbahnfahrt.
Miya Folick ist an folgenden Tagen in Deutschland auf Tour:
05.12. Musik & Frieden, Berlin
06.12. HÄKKEN, Hamburg
09.12. Halder Pop Bar, Haldern
10.12. Blue Shell, Köln