Kate Tempest sagt Auftritt in Berlin wegen Drohungen ab
Debatte um antisemitische Boykott-Aufrufe
Der Hass hat viele Gesichter. Aktuell sieht sich die Berliner Volksbühne nach einem Intendantenwechsel einem anhaltenden Shitstorm wegen der künstlerischen Neuausrichtung ausgesetzt. Ein Konzert sollte Kritiker und Fans wieder zusammen bringen: die gefeierte britische Politrapperin Kate Tempest sollte am 6. Oktober am Flughafen Tempelhof ein Konzert mit Orchester geben.
Kate Tempest unterstützt allerdings - wie viele andere britische Künstler - seit 2015 die Organisation "Artists for Palestine", die dem BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) zuzuornden ist, einer Organisation, die durch einseitige Boykottaufrufe gegen Israel den historischen Konflikt mit Palästina kurzerhand beenden möchte.
Seit Jahren bedrängte der BDS zahlreiche Künstler (zuletzt Radiohead), durch teils massive Hetz-Kampagnen in sozialen Medien, nicht in Israel aufzutreten - und hatte häufig Erfolg damit.
Deshalb fanden sich zahlreiche kritische Stimmen, die sich gegen ein Konzert von Kate Tempest in Berlin aussprachen, obwohl ihre Musik eigentlich für ganz andere politische Themen steht. Sie kritisiert den Brexit, die Verarmung der Bevölkerung und die Zerstörung der Umwelt. Also genau die Fragen, die aktuell überaus relevant sind.
Offenbar gab es in der aufgeheizten Stimmung im Streit um die inhaltliche Neuausrichtung der Volksbühne und der Debatte um antisemitische Tendenzen des BDS einige Menschen, die sich direkt mit persönlichen Drohungen an die Künstlerin gewandt haben, vermutlich ohne ihre Arbeit wirklich zu kennen.
„We have continued to receive personal threats via email and over social media and this is not a conducive environment in which to present our concert. Kate does not want to perform in such an aggressive atmosphere and I do not want to take a further risk with her mental health or potentially our team's safety" (Kate Tempests Management)
Und so wurde das Konzert nun kurzerhand abgesagt, was die Volksbühne nun noch tiefer ins Chaos stürzt. Der umstrittene neue Intendant Chris Dercon zeigte sich enttäuscht über die Absage und deren Begründung:
„Ich bedauere es sehr, dass Kate Tempest sich entschieden hat, nicht in Berlin aufzutreten. Das ist eine riesige Enttäuschung für uns und die vielen Besucher, die sich auf das Konzert gefreut haben. Obwohl ich ihr Unwohlsein in dieser Situation verstehen kann, hätte ich mir gewünscht, dass sich die Künstlerin für einen Dialog mit ihrem Publikum geöffnet hätte. Dafür machen wir Kunst“. (Chris Dercon, Intendant der Volksbühne Berlin)
Für das Konzert in Hangar 5 des Flughafens Tempelhof wurde bereits ein Großteil der 2.000 Karten verkauft. Die Tickets können bis zum 20. Oktober 2017 über die jeweilige Vorverkaufsstelle zurückgegeben werden.
Boykottaufrufe, Drohungen und Beledigungen ersetzen niemals den notwendigen politischen Diskurs.