Iggy Pop spielt mit All-Star-Band in Berlin

Die Punkrock-Legende beschwört seine "German Days"

Iggy Pop (69) spielte gestern ein großartiges Konzert in seiner alten Heimat Berlin. Und zeigte sich noch einmal von seiner wilden Seite. 

Iggy Pop Berlin

Lange Einlassschlangen und viel lokale Prominenz am Berliner Tempodrom: Iggy Pop stellte gestern sein neues Album "Post Pop Depression" in Berlin vor. Punkt 21 Uhr betrat die All-Star-Band von Iggy Pop angeführt von Josh Homme (Queens Of The Stone Age, Eagles Of Death Metal) im einheitlichen Glitzer-Anzug die Bühne und signalisierte damit vom ersten Gitarrenakkord: sie sind heute nur die Backingband, es geht heute Abend nur um einen und der heißt Iggy. 

"Lust for Life" tackerte den Fans vom ersten Moment ein dickes Grinsen ins Gesicht und von der ersten bis zur letzten Reihe nahm Iggy Pop sofort alle mit. Mit "Sister Midnight" spielte er einen weiteren Song, den er in seiner wilden Berliner Zeit gemeinsam mit David Bowie aufgenommen hatte, bevor die perfekt eingespielte Band die Songs des neuen Albums "Post Pop Depression" darbot. 

Bei seinem Party-Klassiker "Funtime" warf sich Pop erstmals ins Publikum. Man darf nicht vergessen, der Mann, der sich da oben halbnackt auf der Bühne räkelt, ist 69 Jahre alt! Und obwohl er inzwischen etwas steif in der Hüfte ist, hält ihn das nicht davon ab, seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Er verausgabt sich auf der Bühne komplett und lässt so manchen Nachwuchsrocker alt aussehen. Kein Vergleich zur abgehalfteren Rentnerband, die Pop-Epigone Andrew Eldritch kürzlich in Berlin auftreten ließ.

Bei seinem Song "German Days" sagt Pop, dass ihm dieser Song besonders am Herzen liege und man merkt ihm an, das ein Konzert in Berlin nach wie vor etwas Besonderes ist. Die Stadt, die Ende der 70er Jahre seine Karriere und sein Leben geprägt hat, wie keine andere. Es muss auch für ihn berührend sein, die Songs, die er hier mit seinem Protegé und Freund David Bowie zusammen schrieb und aufnahm, fast 40 Jahre später live zu singen. Als Überlebender einer Zeit, in der an ein langes Leben noch gar nicht zu denken war. 

"Nightclubbing" hatte man noch vor sieben Jahren auf derselben Bühne von Grace Jones gehört, nun trägt Iggy Pop seine düstere Originalversion vor und zwar so, als würde er immer noch jede Nacht auf Heroin durch die Clubs der Stadt ziehen. Dabei pflegt er inzwischen einen völlig gesunden Lebensstil und markiert nur noch den wilden Mann. Anders wäre so eine Tour auch kaum mehr durchzuhalten. 

Aber was den unverwüstlichen Iggy Pop über ein Konzert von satten zwei Stunden trägt ist seine brilliante Liveband. Mit Josh Homme an der Gitarre, Matt Helders von Arctic Monkeys am Schlagzeug, Matt Sweeney am Bass und Dean Fertita (QOTSA) an Keyboard und Gitarre hat Pop ein Monster von einer Band hinter sich, die seine Songs so darbot, wie sich das gehört: messerscharf und gefährlich. Klar, sie alle haben ihr Handwerk auch von Pop gelernt, der mit seinen Stooges bereits Punk machte, als die Sex Pistols noch ihre Pickel ausdrückten.

Bei "Passenger" gibt es schließlich kein Halten mehr und erwachsene Männer stürzen sich nach vorne ins Getümmel, Plastikbecher mit Bier fliegen durch die Gegend und alle grölen mit: "La la la la lalalalaaaa". Höhepunkt der Show ist jedoch "China Girl", der Song, den Bowie einst für ihn schrieb und den er dann doch selbst zum Hit machte. Wie die Band am Ende förmlich abhebt und Pop ihr die Bühne komplett überlässt, um sich für die insgesamt sieben Zugaben dann doch eine kurze Verschnaufpause zu gönnen, das ist ganz großes Rock-Kino.

Einziger Wermutstropfen: das Tempodrom ist viel zu groß und viel zu clean als Veranstaltungsort für dieses Konzert. Der Sound der Halle wabert über einen hinweg, statt einem mit Wucht in den Bauch zu treten. Man möchte Iggy Pop und seine großartige Band in einem kleinen stickigen und versifften Kellerclub erleben, denn da gehört dieser große Gossenmusiker hin.

„This smells like success. Thank you for everything. This is fucking it.“ 

Nach satten zwei Stunden, und ohne einen Song von seinen legendären Stooges gespielt haben zu müssen, ist Schluss und der Godfather of Punkrock verabschiedet sich ausgiebig winkend und als letzter - möglicherweise zum letzten Mal - von seiner alten Heimat Berlin. 

 

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