Die vernichtendsten Rezensionen zum Kollegah-Buch "Das ist Alpha"
Ein Rapper veröffentlicht ein Buch. So weit, so unspektakulär. Doch Platinrapper Kollegah bringt nicht etwa eine neue Biographie auf den Markt, sondern beschreibt in "Das ist Alpha" sein eigenes, verqueres Männlichkeitsideal und gibt der pubertären Lesenschaft gleich ein paar Tipps an die Hand, wie sie ihrem Idol nacheifern können. Ignorieren kann man Kollegahs Ansichten indes nicht, hat er doch erst kürzlich Thilo Sarrazin von Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste verdrängt. Anlass genug für die Presse, sich das Buch einmal genauer anzusehen.
Dani Fromm: Mit Omis Weisheiten zum Bestsellerautor (laut.de)
Kollegin Dani Fromm von laut.de hat sich schon mit so einigen Buchveröffentlichungen deutscher Rapper herumplagen müssen (wir erinnern uns dunkel an die Spongebozz-Biographie aus dem Frühjahr). Gewohnt bissig und mit ausgezeichnet gewählten Zitaten seziert sie Kollegahs Weisheiten und muss am Ende doch eingestehen, dass sie den Leser verändern können. Zum Schlechten, natürlich.
"Das Problem an der Sache ist nicht, dass Kollegah Ratschläge verkauft, die man von der Großmutter geschenkt bekommen hätte, hätte man ihr nur fünf Minuten zugehört. Das Problem ist die wirklich ekelhafte überkommene, verächtliche und vor allem misogyne Grundeinstellung, die er mit seinen Allgemeinplätzen mitliefert."
Auch das Medienportal meedia.de kann den überwältigenden Erfolg von "Das ist Alpha!" nicht ignorieren. Lena Rykiewitsch arbeitet in ihrer Rezension die wenigen seriösen Ansätze heraus, die aber dann in frauenfeindlichen Vereinfachungen zum Treppenwitz verkommen. Ihr Einstieg in den Text verdeutlicht das bereits sehr treffend:
"'Das Nervensystem ist die wichtigste Kommunikationssäule im Körper! Jeder Herzschlag, jeder Gedanke, jede Muskelkontraktion beginnt mit einem elektrischen Impuls im Nervensystem'. Was anfänglich klingt, wie der Auszug aus einem Biologiebuch für Einsteiger, ist eine Passage aus Kollegahs neuem Buch 'Das ist Alpha! Die 10 Boss-Gebote'. Kollegah, der mit bürgerlichem Namen Felix Blume heißt, schlussfolgert darauf hin: 'Das Nervensystem befähigt den Boss überhaupt erst dazu, zu vollamplitudigen Bitchslaps auszuholen!'"
Juliane Liebert: "Wir sind alle Lauch" (Süddeutsche Zeitung)
Neoliberal und sozialdarwinistisch: Kollegah weiß, dass man nur mit dem "Alpha-Instinkt" in der Gesellschaft bestehen kann. Ergo müssen soziale Bindungen gepflegt, der Körper gestählt und der Hängedruck geübt werden. Sogenannte "Lauchs" haben dort keinen Platz. Dabei könnte man so viel aus ihnen machen, wie Juliane Liebert in ihrer Kritik nahelegt.
"Wenn man sich einen knackigen Lauch frisch vom Feld so anschaut, könnte man sich durchaus fragen, ob sich da nicht was machen ließe. Aber Kollegah will das Gemüse bei der Wurzel packen und ausreißen. Der Lauch ist die zur vegetabilen Metapher geronnene nietzscheanische Sklavenmoral und muss überwunden werden. Physisch und psychisch."
Jan Limpert: "Wir haben das Kollegah-Buch gelesen, damit ihr es nicht müsst" (Puls)
Auch der Jugendableger des Bayerischen Rundfunks legt das sexistische Fundament des Buches dar, lenkt das Augenmerk aber noch auf einn ganz anderes, fragwürdiges Kapitel. Trotz moralischer Forderungen nach Gleichheit, Respekt und Toleranz greift der Rapper auf sehr unangenehme Art und Weise auf Stereotypen zurück, sobald es um die Charakterisierung von finanziellen Losern geht.
Im Unterkapitel "Gib nur aus, was du hast" wird zwar erklärt – wer hätte es gedacht – dass man mit seinem Geld haushalten soll. Allerdings passiert das am Beispiel eines "Proll-Kollegen (meist mit Migrationshintergrund), der im neuesten BMW rumcruist, ihn aber abends vor seiner 20-Quadratmeter-Bruchbude mit leerem Kühlschrank parkt". Dabei hat Kollegah doch einen ganzen Abschnitt in seinem Buch dem Thema "Toleranz" gewidmet.
Linus Volkmann: "Maulkorb für Alpha-Macker" (Cosmo)
Zu guter Letzt hat es sich auch Musikjournalismus-Legende Linus Volkmann nicht nehmen lassen, ein paar Zeilen zu "Das ist Alpha" zu verlieren.
PS: Wir hätten gerne eine positive Rezension (natürlich abseits der begeisterten Amazon-Kommentarspalte) mitaufgenommen, konnten allerdings keine finden. An eine "Hetzkampagne in den Medien" glauben wir dann angesichts dieses Inhalts trotzdem nicht.