Alexander Dobrindt erwägt, "Hate-Speech-Gesetz" auf Rap anzuwenden
"Nicht alles, was Mist ist, ist auch Kunst"
Video: Kollegah & Farid Bang - "All Eyez on Us"
Längst hat der Echo-Eklat um die Zeile "Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen" die Musikszene verlassen und zieht inzwischen selbst im Bundestag seine Kreise. Nachdem Heiko Maas die Auszeichnung von Kollegah & Farid Bang vor wenigen Tagen als "beschämend" kommentierte, folgte nun ein weiteres Statement aus den Reihen der CSU. Alexander Dobrindt, Bundesverkehrsminister und CSU-Landesgruppenchef, äußerte sich angesprochen auf die Problematik laut der WELT folgendermaßen:
"Nicht alles, was Mist ist, ist auch Kunst. Das ist Hetze. [...] Wir müssen überlegen, ob wir die Regeln, die wir beim Hate-Speech-Gesetz angewendet haben, in anderen Bereichen ähnlich strukturieren können."
Das "Hate-Speech-Gesetz", besser bekannt als Netzwerkdurchsetzungsgesetz, schreibt sozialen Netzwerken vor, offensichtlich rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden von ihrer Plattform zu entfernen. Das Gesetz gilt als umstritten, immer wieder fällt in einem Atemzug der Vorwurf der Zensur. Die Ausdehnung auf das empfindliche Terrain der Kunst und Kunstfreiheit dürfte enormes Konfliktpotenzial bergen. Desweiteren lassen sich Songs nicht ohne Weiteres einfach "löschen", schließlich kursieren sie, einmal publiziert, in tausendfacher Ausführung als mp3-Datei und physische Tonträger auf dem Markt und im Internet. Auch die Zensur von Unternehmen vor Veröffentlichung könnte in gerichtlichen Auseinandersetzungen enden.
Ob ein Vorgehen á la Dobrindt überhaupt eine lösungsorientierte Maßnahme darstellt, darf ohnehin bezweifelt werden, besitzen Musiker doch auch jetzt keine absolute Narrenfreiheit. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BpjM) indiziert längst Medien mit verrohender Wirkung, verfassungsfeindlichen Inhalten oder Anreizen zu Rassenhass und Verbrechen. Eine Indizierung kann zu Verbreitungs- und Werbebeschränkungen führen und problematische Musik damt für den gemeinen Konsumenten nahezu unsichtbar machen.
Dass man auf diskriminierende und grenzüberschreitende Texte reagieren muss, steht außer Frage. Doch das Wie erfordert außerordentliches Feingefühl und Kunstverständnis - wahrscheinlich mehr, als ein CSU-Politiker in einer überhitzten Debatte wie dieser aufbringen kann.
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