Video: Travis Scott - Astroworld Trailer
Es scheint beinahe unmöglich, dass Travis Scott den Erwartungen an "Astroworld" in irgendeiner Form hätte gerecht werden können. Nach den vielversprechenden Mixtapes "Owl Pharaoh" und "Days Before Rodeo" lieferte er 2015 mit "Rodeo" ein überragendes Debütalbum.
Nachdem die dauraffolgenden Projekte "Birds in the Trap Sing McKnight" und "Huncho Jack, Jack Huncho" mit Quavo jedoch weitestgehend auf gemischte Gefühle trafen, galt es nun mit "Astroworld" wieder einen Schritt in die richtige Richtung zu setzen.
Die Vorgeschichte und Promotion galt dabei einer kleinen Odyssee. Zwar gab es besonders in kürzester Vergangenheit immer wieder unterhaltsame Promo-Aktionen zu betrachten, insgesamt gestalteten die zahlreichen Ankündigungen, Verschiebungen, kryptischen Hinweise und Kontroversen die Anreise zu "Astroworld" jedoch etwas beschwerlich.
Nachdem man den Eintritt bezahlt hat, fällt schnell auf, dass wir keineswegs die einzigen Gäste im Park sind. Neben der Hauptattraktion Travis Scott haben sich unter anderem Drake, Frank Ocean, James Blake, Shooting-Star Juice WRLD, The Weeknd, Tame Impala, John Mayer, Migos und Thundercat in den Schlangen vor den 17 "Astroworld"-Fahrgeschäften versammelt.
Travis Scott überzeugt seit jeher durch Stimmung, Atmosphäre und sein ganz eigenes Soundbild. Wer eine ausgefeilte Raptechnik, durchdachte Reimschemata oder einen ernsthaft sozialkritischen textlichen Ansatz erwartet, dem werden die Achterbahnen auf "Astroworld" erneut keinen Spaß machen.
Scott erfindet sich oder sein Soundbild keinesfalls neu, lässt aber eine Vielzahl psychedelischer Einflüsse zu, welche wir in ähnlicher Form kürzlich auf Kanye Wests und Kid Cudis "Kids See Ghosts"-Kollaboalbum hören durften. Heißt die neueste Attraktion im Hip-Hop-Kosmos also vielleicht Psychedelic-Rap? Anders als es noch bei "Rodeo" der Fall war, wirkt das Soundbild von "Astroworld" dennoch nicht einzigartig.
Man hat sich an Scotts Sound keineswegs satt gehört, dennoch erkennt man an vielen Stellen bekannte Muster und wiederkehrende Elemente. Für Fans mag dieser Ansatz einen selbstreferenziellen Touch bieten, Kritiker würden dem Album wohl dennoch eine gewisse Repetition zusprechen.
Hierbei sollte jedoch nicht in Vergessenheit geraten, dass es einen ganz einfachen Grund dafür gibt, weshalb Travis Scott mit seinem Soundbild nicht mehr so sehr heraussticht, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war: Er ist maßgeblich für die Prägung des aktuellen Rapsounds mitverantwortlich. Scott wird an vielen Stellen kopiert und immitiert, doch auch wenn sein Sound deshalb nicht mehr einzigartig wirken mag, merkt man doch sehr schnell, wenn der Meister selbst am Werk ist.
Video: Travis Scott - Stop Trying To Be God
Und eben dieser Meister liefert auf "Astroworld" auch eines der absoluten Highlights seiner gesamten Karriere. "Stop Trying To Be God" fasst die "Travis Scott"-Atmosphäre zusammen, wie es kaum ein Track zuvor geschafft hat und präsentiert uns dabei einen James Blake, der sogar Frank Ocean in den Schatten stellt, und damit ein weiteres Mal eindrucksvoll beweist, weshalb er, nicht nur wegen der gemeinsamen Tour mit Kendrick Lamar, zunhemendes Interesse und Ansehen innerhalb der Rap-Szene genießt. Um im Bild zu bleiben: Hier hören wir die aufregendste Achterbahn des Albums.
"Astroworld" fühlt sich stellenweise wie ein Konzeptalbum an, da es tatsächlich wie ein Freizeitpark wirk. Es gibt zahlreiche Attraktionen, sei es ein überragender James Blake, ein Frank Ocean oder ein Drake, den wir in dieser Form gerne auch öfter auf seinem eigenen Album gehört hätten. Man hat das Gefühl nach Hause zu kommen, gleichzeitig gibt es immer noch viel Neues zu entdecken. Das Problem: Es bleibt zu wenig Zeit. Oft sind es die kleinen Momente auf dem Album, bei denen man sich wünscht, sie würden als Grundlage für einen vollständigen Track dienen.
Man merkt dem Album seine Ideen, Ambitionen und seine Suche nach Innovation an, es stellt sich lediglich die Frage ob diese auch für alldiejenigen merklich sind, die nicht ohnehin bereits Travis Scott Fans waren. "Astroworld" ist ein Album für die Fans, welches nicht mehr den einzigartigen Charme eines "Rodeo" innehat und deshalb zwar als starkes Album, keineswegs aber als neuer Meilenstein in der Karriere von Travis Scott gewertet werden sollte.