Mit einem epischen und düsteren Intro nähert sich die Britpop-Legende Suede vorsichtig ihrem ersten Track "As One", in dem Brett Anderson fast wie ein Musical-Sänger klingt. Ganz so pseudo-dramatisch bleibt es dann zum Glück nicht, denn das mittlerweile achte Album "The Blue Hour" ist inhaltlich ein ziemlich intensives Album zum Thema Nacht, Angst und Albträumen geworden.
Musikalisch und gesanglich bewegen sich die Songs auf anstrengend gravitätischen Pfaden, es werden tonnenschwere Melodien in epischer Breite ausgebreitet, so dass es zuweilen schwülstig wie bei Queen wird ("Beyond The Outskirts"), zuweilen getragen wie in einem Folkhorrorfilm-Score ("Chalk Circles") oder gar pastoral wie in "Roadkill", in dem Anderson todernst im Scott-Walker-Stil deklamiert, "Today I Found A Dead Bird".
Video: Life Is Golden
Produzent Alan Moulder (Nine Inch Nails, The Killers, The Cure) verfeinert das Werk zudem mit Spoken-World-Einlagen und Field-Recordings, so dass das ambitionierte Konzeptalbum zum Thema "Blaue Stunde" mehr Schattierungen bekommt. In der Literatur fand dieser Topos vor allem im Bezug zur Melancholie Verwendung.
Doch melancholisch betrachten Suede diese Zeit nicht, in der man zur Nachdenklichkeit und Retrospektive neigt. Ihre "Blue Hour" ist verstörend und verwirrend: Es geht um die Ängste und Traumata der Kindheit, es geht um bewusst unangenehme Themen und trotz der ersten Single namens "Life Is Golden" ist hier nichts mehr golden oder gar Glam.
Keine Frage, dieses Suede-Album ist fordernd in seinem ehrgeizigen Anspruch und zugleich faszinierend in seinem Mut, das Drama in allen finsteren Ecken auszuleuchten – manchmal eben zu grell.