Denn die Band um Thom Yorke macht es ihren Fans nie ganz leicht. Ihre Anfänge im Britpop haben sie lange hinter sich gelassen, was mancher Rockfreund bedauern mag, was aber der Band ihr Überleben gesichert hat. Denn Britpop ist schon lange tot, während sich Radiohead heute bester Gesundheit erfreuen. Das liegt in erster Linie an ihrer Experimentierfreudigkeit, an ihrem Willen, Grenzen niederzureißen und sich ständig neu zu erfinden. Und doch bleiben sie unverkennbar stets Radiohead und können immer wieder diesen großen Moment, diese enorme Intensität heraufbeschwören wie nur wenige andere Bands.
Mit dem Opener "Bloom" und seiner sogartigen Atmosphäre, setzt man sich gleich in das skizzierte Karussell aus Klängen, Melodien und Sounds, das Yorke und seine Kollegen wieder einmal zusammengeschraubt haben. Dass der Titelname auf einen uralten, in alle Richtungen ästelnden Baum verweisen soll, verwundert dabei nicht. Denn "The King Of Limbs" ist verschachtelt zwischen warmer Intimität, kühler Distanz und spiegelt ein vertrautes Gesamtbild wider: endlose Soundlandschaften in melancholischen Tiefen, düstere Stimmung zwischen komplexer Rhythmik, die wieder vermehrt die sperrige und vielfältige Eigenwilligkeit der Briten aufzeigt, als noch beim Vorgänger "In Rainbows".
Radiohead haben der Musikwelt erneut ein beeindruckendes, komplexes Album vorgelegt, das geschmackssicher in seiner eigenen Liga spielt und die unverkennbare Ästhetik dieses Quintetts ausdrückt. Auch wenn es die Rockfreunde nicht gerne hören: Radiohead sind der Britpop-Schublade schon lange entwachsen und sie sind längst viel zu groß und gut, um noch in Schubladen zu passen. Und diese Unberechenbarkeit, dieser unbedingte Drang, Musik um der Musik Willen und nicht für den "Markt" zu machen ist ein großes Glück.
Im Moment kann das Album digital oder als Deluxe-Version nur unter folgender Adresse bestellt werden: thekingoflimbs.com. Die reguläre CD/LP Version folgt am 25. März über XL Recordings.