Ein wenig gespenstisch ist es schon, Prince hier am Klavier zu lauschen, wie er an späteren Hits seiner Karriere bastelt wie "Purple Rain" oder "International Lover". Eine Aufnahme, die laut dem Prince Estate am "Vorabend seiner Weltkarriere" entstand, halten wir hier also ehrfurchtsvoll in unseren Händen und auch wenn diese vollmundige Marketing-Aussage den Verkauf ankurbeln soll, ist man dennoch zutiefst gerührt, wenn man den jungen Prince roh und rasend zugleich am Piano zuhört. Der pathetische Emotionsbogen wird dann fast überspannt, wenn daran erinnert wird, dass die Piano & A Microphone Tour "seine Karriere im Jahr 2016 beendete".
Video: Mary Don’t You Weep
Wenn man sich allerdings daran erinnert, dass eine reduzierte, melancholische "Purple Rain"-Version in Atlanta das letzte Lied war, das Prince jemals sang, wird einem angesichts der Klavier-Version auf diesem Album dennoch komisch zumute. Besonders packt einen seine flehentliche Gospel-Interpretation von "Mary Don’t You Weep", aktuell auch zum Schluss von Spike Lees neuem Film "Blackkklansman" zu hören.
Es ist, als ob der Prince der Vergangenheit mit einem Prince aus dem Jenseits kommuniziert und die Zuhörer belauschen diesen Dialog heimlich. Die jazzig sowie bluesig improvisiert wirkenden Songs voller Soul und Seele sind Prince-Fans schon länger bekannt, doch die Bootlegs haben nun die extrem gute Klangqualität erhalten, die sie auch verdienen. So ist "Piano & A Microphone 1983" kein Nerd-Sammlerstück, sondern kann berechtigt in dem gewaltigen Prince-Ouvre stehen, denn hiermit kommt man einem Live-Erlebnis schon ziemlich nahe.