1997 befanden sich Oasis auf dem Zenit ihres Erfolges. Sie waren mit Abstand die größte Band Englands, wahrscheinlich sogar der Welt – woran auch immer man das messen mag. Die Erwartungen der Fans an den Nachfolger von “Definitely Maybe” und “(What’s The Story) Morning Glory?” waren enorm. Vergleiche zur Beatlemania wurden gezogen. Alles was mit Oasis zu tun hatte, geschah im Superlativ.
Und genau danach klingt “Be Here Now” auch heute noch: Größenwahn, endlose Ressourcen und jede Menge Kokain.
Nur einer von den zwölf Songs der Platte ist kürzer als fünf Minuten. Der Rest brüllt auch gerne sieben Minuten oder länger durch die Boxen. Overdub jagt Overdub. Die Gitarren werden gedoppelt und gestapelt, bis nur noch ein diffuser harmonischer Brei übrig bleibt. Alles ist riesig und wirklich jede Idee ufert völlig aus.
Unendliche Wiederholungen von Refrains und vermeintlich völlig beliebige Soundfetzen (wir erinnern an den Helikopter direkt im Beginn des Openers “D’You Know What I Mean?” oder das quasi 4-minütige Outro von “All Around The World”) plustern “Be Here Now” auf satte 72 Minuten auf.
“Dieses Album muss von einem Kasten Bier, einem Sack voll verdammten Kokain und keinen Plänen für die nächsten Tage begleitet werden. Das ist die Einstellung für die es geschrieben wurde. Und wenn du es mit dieser Einstellung hörst, ist es eventuell das beste Album aller Zeiten.” – Noel Gallagher
Als eines der größten Album aller Zeiten wird es sicher in die Geschichte eingehen. Als Leuchtturm für das Kapital, die Macht und vielleicht sogar das letzte bisschen Rock’n’Roll-Spirit der Musikindustrie der 90er. Auch wenn Kritiker, das anders sehen und sogar Noel rückblickend selbst sagt, dass es das schlechteste Album der Band ist.
Denn gerade für Menschen wie mich – geboren in eben jenem Jahrzehnt – ist “Be Here Now” kein Tiefpunkt einer Entwicklung, sondern ein letzter Eckpfeiler dafür, was möglich war, bevor Political Correctness und Image-Kampagnen das Business immer weiter vereinnahmten. Ein letzter langer und lauter Aufschrei für den Exzess und die Kopflosigkeit, wie sie in der jüngsten Popgeschichte einfach nicht mehr zu finden sind.
19 Jahre nach der ursprünglichen Veröffentlichung erscheint am 14.10.2016 eine remasterte Version des Albums. Neben den glattgezogenen Versionen der originalen 12 Songs beherbergt das Re-Issue auch noch jede Menge B-Seiten, rare Live-Aufnahmen und die legendären, bisher verschollenen Mustique-Demos, aus denen die Platte resultierte.
Außerdem gibt es eine komplett von Noel Gallagher persönlich remixte Version des Openers “D’You Know What I Mean?”, die den Gitarrenbrei der Originalversion deutlich in die Hintergrund verschiebt.
“Ich habe versucht, das ganze Album zu überarbeiten. Ich bin ins Studio gegangen und nach zwei Tagen dachte ich: “Das bringt nichts, dieses Album muss einfach so verdammt übergeschnappt klingen.” – Noel Gallagher
"Be Here Now" erschien am 21. August 1997 bei Creation Records.