Kendrick Lamar stellt sich seit Jahren mit Eloquenz und Aussage gegen Oberflächlichkeit, stumpfe Refrains und Größenwahn im US-Rap. Spätestens nach seinem gefeierten Album "To Pimp A Butterfly" aus dem Jahre 2015, ist Lamar aktuell der wohl größte Verfechter der schrumpfenden Spezies "Rapper mit Inhalt". Nach seinem letztjährigen Lebenszeichen "untitled. unmastered." zementiert er mit "DAMN." seinen Status als einflussreichster Rapmusiker unserer Zeit.
Kendrick Lamar - HUMBLE.
Das geht auch an den Charts nicht spurlos vorbei. "HUMBLE." enterte die US Billboard Charts auf Platz zwei - der höchste Einstieg eines Rapsongs seit 2010. Im Vergleich zum soul- und jazzinspirierten Sound klingt die erste Single dabei überraschend oldschool.
Der drückende Beat war ein erster Hinweis darauf, dass Kendrick Lamar seinen jazzig angehauchten sophisticated Rap des Butterfly-Releases gegen eine angriffslustigere Variante eintauscht und gehörig gegen den Stumpfsinn und Größenwahn seiner Kollegen vorgeht. Auch wenn bisher keine Namen genannt wurden, handelt es sich wohl um Drake und Big Sean, die sich den Zorn Kendrick Lamars zugezogen haben.
Und weil betroffene Hunde ja meistens sehr schnell anfangen zu bellen, lassen wir den Release mal noch ein paar Tage sacken, warten wer sich da bald zu Wort melden wird und widmen uns weiter der Platte. Nach einem kleinen Intro geht es auf "DAMN." gleich mit einer so bislang nicht gekannten Direktheit los. "DNA." spielt mit Trap-Elementen und dem gleichen drückenden Beat, der uns auf "HUMBLE." schon vorgestellt wurde. Lamar feuert die Zeilen in atemberaubender Geschwindigkeit heraus, agressiv, wütend und ziemlich angepisst. Von wem oder was?! Das erfahren wir ein wenig später.
Kendrick Lamar - The Heart Part 4 [Diss] (Explicit)
Das mit Spannung erwartete Feature mit U2 "XXX." entpuppt sich unterdessen als eines von gleich mehreren Anzeichen, dass die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation in Lamars Heimat auch nicht spurlos an ihm vorbei geht. Inhaltlich werden gleich einige Brennpunkte angeschnitten: Zurückhinkendes Bildungssystem, das zu légere Waffenrecht und auch Donald Trump findet namentliche Erwähnung. Musikalisch gewollt ein wenig zurückgefahren liegt der Fokus hier klar auf der Message.
Gleich im Anschluss folgt mit "FEAR." ein siebenminütiger Epos, bei dem Lamar im jazzigen Arrangement - der stark an "To Pimp A Butterfly" erinnert - hier wieder zum sophisticated Rapper mutiert. Nichtsdestotrotz ist der Grundton von "DAMN." ein tendenziell eher angriffslustiger. Mehr Trap, weniger Jazz und eine straightere Message. Das Hip-Hop-Wunderkind ist sauer und "DAMN." ist sein Ventil. Ein wahnsinnig gut produziertes obendrein. Gebt Kendrick Lamar einfach alle Musikpreise dieser Welt. Verkehrt macht man damit rein gar nichts.