Die Theorie: Die Produktion von „Scale“ wurde wie schon auf dem letzten Album von Herberts selbst auferlegtem „Personal Contract for the Composition Of Music“ bestimmt, doch war der Umgang diesmal weniger dogmatisch. Herbert geht es auf „Scale“ wieder um das Sichtbarmachen seiner Soundquellen: 723 Sounds wurden insgesamt verwendet, äquivalent zum Prinzip der Tonleiter wurden alle Tonquellen zwölfmal aufgenommen. Wo „Plat Du Jour“ sich in Material und Ästhetik mit der Nahrungsmitteindustrie auseinander setzte, bleiben Herberts politische Ambitionen diesmal diffuser, arbeiten sich lieber an der Atomisierung des Sozialen ab. Wobei der Meister hier lieber das ganz große Bild bemüht und die Platte als Abgesang auf das Ende der Erdölära sieht. Die Praxis: In der Praxis ist „Scale“ im Vergleich zum Vorgänger sehr viel zugänglicher. Herberts House swingt wie schon lange nicht mehr und trägt die gefühlvolle Stimme von Dani Sicilliano ganz wunderbar. „Something isn´t right“ ist der Opener eines atemberaubend schönen Albums, das alle Häutungen des Matthew Herbert einfängt und vereint: die Liebe zum Big Band-Jazz, das Interesse an diffizilen Arrangements und der Glaube an die Kraft eleganter Housemusik. Eine Platte, die gleichermaßen auf Herz und Kopf zielt, und bei allem theoretischem Überbau verdammt eingängig ist. Ähnlichkeiten zu seiner Arbeit für Roisin Murphys Solodebüt sind natürlich nicht rein zufällig. (fs)
Autor: Redaktion