Die letzten Jahre waren turbulent für die Editors. Streit um die musikalische Ausrichtung, der daraus resultierende Ausstieg von Gitarrist Chris Urbanowicz, der Vorwurf des Ausverkaufs an den Mainstream nach "The Weight Of Your Love", all das dürfte tiefere Spuren hinterlassen haben als man öffentlich zugeben wollte. Da ist ein klarer Bruch nicht die schlechteste Idee.
Editors - In This Light And On This Evening | Review & Download
In der rauen Einsamkeit der schottischen Westküste ging die Band in Klausur um ohne großen technischen Aufwand und ohne Produzent an Album Nummer 5 zu arbeiten. Das Ergebnis überrascht mit einer erneuten Kehrtwende: "In Dream" ignoriert seinen Vorgänger komplett und schließt nahtlos an "In This Light And On This Evening" von 2009 an.
Melancholisch-düsterer Synthiepop, (Dark) Wave, Ausflüge zum Ambient. Nur selten kämpft sich eine Gitarre durch den dichten Klangteppich. Sehr präsent jedoch ist eine Premiere im Editors-Kosmos: mit Rachel Goswell, Frontfrau der Shoegaze-Legende Slowdive, kommt erstmals eine Gaststimme zum Einsatz. Diese steht den Songs ebenso gut wie Smiths deutlich gestiegene Liebe zum Falsett.
Instant Hits wie die aktuelle Single "Life Is A Fear" bietet "In Dream" jedoch nur wenige, die meisten Songs muss man sich erarbeiten. "At All Cost" oder der mutige weil sehr sparsame Opener "No Harm" entfalten ihren Zauber erst nach und nach, dann aber mit aller Kraft. Tom Smiths samtener Bariton wickelt einen so lange um den kleinen Finger bis man sich nicht mehr wehrt, wohlige Wärme macht sich breit.
Die Editors wissen natürlich ganz genau, welche Knöpfe sie drücken müssen und diese funktionieren auch diesmal wieder prima. Dennoch gibt es Schwächen. Über die eine oder andere lyrische Floskel kann man durchaus stolpern und an manchen Stellen kann man den Pathos förmlich vom Boden aufwischen. Aber man beschwert sich schließlich auch nicht bei Lemmy über die brachialen Gitarren.
Wo Editors draufsteht ist auch Drama drin: Das bittersüße Elend irgendwo zwischen Liebeskummer und Weltschmerz, die morbide Romantik des drohenden Untergangs, der stets zum Greifen nah scheint wenn die Editors aus dem Studio kommen und "fertig!" sagen. Dafür kann man sie lieben oder hassen.
"In Dream" ist das Album einer Band, die sich in neuer Form offenbar gefunden und die Freude am Experimentieren bewahrt hat. Es mag nicht die größten Hits ihrer Karriere beherbergen. Aber mit Sicherheit ein paar der spannendsten Songs ihrer Setlist. Die Vorfreude auf die kommende Tour ist soeben nochmals gestiegen.