Nineties-Nostalgie, 2000er-Vibes und jede Menge Sample-Wut: All das findet sich natürlich auch wieder auf "No Geography" wieder, aber die Souveränität mit der The Chemical Brothers hier agieren, lässt sie alle Retro-Fallen locker umschiffen.
Mehr noch, gleich mit dem Hip-Hop-infusionierten Opener "Eve Of Destruction" samt bouncender Bassline und verwirbelten Bongos geht es im Schnellboot rasant durch die Gewässer. Ganz gemäß dem Motto der ersten Single "Got To Keep On":
Video: Got To Keep On
Tracks wie "Mad As Hell" entfesseln immer noch euphorische Tanzlaune wie die ikonischen Songs des Duos – "Hey Boy, Hey Girl" oder "Galvanize". Am coolsten ist das Album aber dann, wenn es wie in "Bango" kalt und kompromisslos wird, um Mitten im Song mit fast flirrendem Synthiesound in Ambient-artige Sphären zu entschwirren.
Video: We’ve Got To Try
Viele Gäste haben sich The Chemical Brothers diesmal nicht eingeladen, nur die norwegische Sängerin Aurora sowie der japanische Rapper Nene sind dabei. Dafür konzentrieren sich die Songs auf stärkere Strukturen, die Bass-Synths sind strahlend und aggressiv wie kaum zuvor.
Im gegenwärtigen britischen Polit-Chaos gleicht "No Geography" einem Befehl: Tanzt den Brexit. Und so strotzt das Album vor Imperativen wie eben "Got To Keep On", "Free yourself" oder einfach nur "Dance!". Es ist die Umkehrung der alten Durchhalteparole "Keep Calm And Carry On", die hier lautet "Keep Loud And Dance On".
Vielleicht hält man das und diesen Sound einer wildgewordenen Achterbahn nur für eine kurze Weile aus, aber es ist immerhin eine erfrischende Abwechslung zu all dem nostalgischen Brit-Vintage, der das Land vielleicht erst in diese Misere gebracht hat.
The Chemical Brothers Live 2019:
21. Juli - Deichbrand Festival, Cuxhaven, Germany