Hamburg ist so etwas wie die Neo-Rave-Hauptstadt Deutschlands, denn mit Digitalism und Boys Noize hat die Hansestadt die vielleicht hochkarätigsten deutschen Vertreter dieses Genres hervorgebracht. Nachdem Digitalisms "Mirage" letzte Woche ordentlich einschlug, zieht der mittlerweile in Berlin lebende Alexander Ridha alias Boys Noize mit "Mayday" nach.
Im Gegensatz zu seinen Kollegen schlägt Boys Noize allerdings weniger poppige Töne an. Wo Digitalism ekstatische Hymnen mit ordentlich Zuckerguß präsentieren, reduziert sich Boys Noize auf elektronische Fragmente, die er zu einem treibendem Puzzle zusammensetzt. Mal ruhig-hypnotisch, mal knarzend-ravend. Man kann die einzelnen Teilchen stets erkennen, zusammen ergeben sie aber erst Sinn.
So wie die Vorab-Single "Euphoria". Die sich immer wiederholende Zeile "Inhale, exhale – Euphoria" und der monotone Rhythmus vermitteln zwar nicht unbedingt eine überschwängliche Euphorie, rauschhafte Zustände dafür aber umso mehr.
Boys Noize - Euphoria
Und auch die weiteren Veröffentlichungen im Vorfeld überzeugen, obwohl sie unterschiedlicher kaum sein könnten. "Overthrow" ist ein beinharter Track, der die Knochen im Club krachen lassen kann - "Starchild" lebt mithilfe der sanften Stimme von Polica-Sängerin Channy Leaneagh von ruhigen, atmosphärischen Sounds, die den Hörer in die Tiefe ziehen. Boys Noize zeigt vorab seine komplette musikalische Bandbreite und führt diese auf Albumlänge weiter aus.
Boys Noize - Overthrow
Mühelos wechselt Boys Noize von deepen, langsamen Klängen zu heftigen Beat-Gewittern ("Mayday") oder auch poppigen Parts ("2 live", "Birthday"), der roughe Sound und punkige Anleihen stehen aber im Mittelpunkt von "Mayday". Manchmal verliert er sich zwar ein wenig im industriellen Geklopfe wie in "Revolt" oder dem Song mit dem charmanten Titel "Hardkotzen", dann zaubert Boys Noize allerdings wieder Kracher auf den Plattenteller ("Los Niños").
So ist Boys Noize vielleicht keine runde Scheibe gelungen, Highlights bietet "Mayday" aber durchaus. Und ein fast unerhört hohes Rave-Potenzial.
Einen kompletten Einblick in "Mayday" gibt Boys Noize zudem auf seinem Soundcloud-Profil. Dort findet man ein fünfminütiges Album-Medley als Download.