Authentizität, Weiterentwicklung, sich selbst treu bleiben, die eigenen Wurzeln nicht vergessen aber dabei doch bitte auch immer den nächsten großen Soundentwurf liefern. Beinahe traditionell kämpfen Hip-Hop, Rap und R&B mit dem eigenen Selbstverständnis und dass Fans hier ihren ganz eigenen Ansatz verfolgen, musste Anderson .Paak nach der Veröffentlichung von "Oxnard" im November 2018 schmerzhaft lernen. Denn nachdem sich Everybody's Darling der Hip-Hop- und Soul-Welt dazu erdreistet hat, seinem Album einen rap-lastigeren Anstrich zu verpassen, war die Meinung innerhalb der Facebook-Kommentare schnell formuliert: .Paak hat seinen Charme verloren.
Wie man mit der Fanenttäuschung umgehen möchte, bleibt jedem Künstler selbst überlassen. Kendrick Lamar oder Kanye West zwingen ihre Anhänger gerne zur Weiterentwicklung, .Paak liefert stattdessen wenige Monate darauf ein Album, welches gleichermaßen als Gegenangriff und Wiedergutmachung funktionieren soll.
Denn bereits nach wenigen Tracks von "Ventura" fällt auf: alles ist wieder beim Alten. Der - stellenweise anstrengende - Rap bleibt im Schrank und der auffällige Sexismus des Vorgängers gesellt sich glücklicherweise auf direktem Weg dazu. Introspektive, politische Haltung und Feel-Good-Charakter halten sich die Waage und das Soundgewand zwingt einen fast zu der Formulierung, dass .Paak zu alter Stärke zurückgefunden haben dürfte.
Wer "Malibu" mochte, bekommt hier sein perfektes Sommeralbum geliefert. "Ventura" macht Spaß, ist verspielt und zeigt die Detailversessenheit seines Schöpfers in ihrer schönsten Form.
Die 11 Tracks sind aber allesamt während der Aufnahmen zu "Oxnard" entstanden. Paak hat hier also keineswegs "zu alter Stärke" zurückgefunden oder eine andere Idee entwickelt sondern noch ein paar Songs im alten Stil übrig gehabt, die fürs erste Album offenbar nicht gut genug waren. "Ventura" wirkt deswegen wie eine Wiedergutmachung und entzieht dem künstlerischen Ausbruch auf "Oxnard" bereits wenige Monate nach Veröffentlichung den Boden.