Miserable Monday: Playlist von Billie Marten
Die Playlist zum Start in den unnötigsten Tag der Woche
Hin und wieder schreibe ich das Management einer Band oder einer Künstlerin an und bin mir schon beim Absenden der Mail ziemlich sicher, dass die für meine kleine Miserable Monday Kolumne eigentlich eine Nummer zu groß sind.
Wenn es dann aber doch relativ unproblematisch dazu kommt, dass auf einmal eine Playlist in meinem Postfach landet, kann ich es meistens nicht erwarten, diese endlich mit der Welt (bzw. euch Lesern) zu teilen. Genauso war es mit unserer heutigen Kuratorin – der großartigen Billie Marten.
Billie Marten ist 19 Jahre alt, Singer-Songwriterin aus Yorkshire, UK, hat gerade ihr Folgealbum zum hochgelobten Debüt „Writing Of Blues And Yellows“ (2016) veröffentlicht. Man kommt bei ihr relativ schnell in die Verlegenheit darüber nachzudenken, was man selber eigentlich so mit 19 Jahren gemacht hat. Den Gedanken verwirft man dann spätestens, nach den ersten paar Minuten ihrer aktuellen Platte „Feeding Seahorses By Hand“ (erschienen am 26.4.19). Sie spielt in einer anderen Liga!
Billie Marten ist eine Ausnahmekünstlerin und so klischeebeladen diese Bezeichnung sein mag, so sehr passt sie in diesem Fall. Zwischen, Abitur, Tourneen, Umzug nach London und, ja, vor allem zwischen dem Erwachsenwerden entwickelt sie sich zu einer Songwriterin mit einem ehrlichen, aufrichtigen und reifen Blick auf die Welt.
„Feeding Seahorses By Hand“ ist eine fragile, rohe Platte, auf die wir alle lang gewartet haben. Mit unfassbarer Leichtig- und Natürlichkeit meistert sie das schwierige zweite Album. Eine Aufgabe, an der schon gestandene Künstler gescheitert sind. Nicht Billie Marten. Alles ist genau da wo es hingehört. Ihre Stimme leitet uns zerbrechlich durch die Songs und bringt die Probleme unserer Gesellschaft auf den Punkt.
„Feeding Sehores By Hand“ ist, genau wie ihr Debüt, ein wundervolles Album, das einen sprachlos zurücklässt. Die perfekte Mischung aus rohen, minimalistischen und etwas experimentelleren Stücken. Und definitiv eine Platte, die anzeigt, dass diese Künstlerin noch eine wahrlich große Zukunft vor sich hat.
1. Radiohead - Talk Show Host
Eine der schönsten Gitarrenlines und das wohl schönste Intro. Der perfekte Song, wenn man wütend und verbittert ist. „Waiting with a gun and a pack of sandwiches” ist der traurigste Satz in diesem Song. Ich weiß nicht wie er (Thom Yorke) das macht.
2. Fleetwood Mac - Man of The World
Ich bin kein großer Mac Fan, außer vielleicht „Rumours“ und die Peter Greenwood Sachen. Aber dieser Song ist definitiv in meiner Top 5 für das Ende der Welt. Die Lyrics machen mich kaputt. Das Riff ist so traurig, die Produktion und die Drums so einfach und tuckernd. Und dann “I just wish that I had never been born” – Ich liebe diesen Song aus ganzem Herzen.
3. Karen O - Rapt
So ein simpler Song, einfache Gitarren, Melodien und die Produktion. Eine Minute, 47 Sekunden voller Tränen.
4. Alice Boman - Waiting
Ich liebe diese Frau. Ihre EP „Skisser“ ist wunderschön. Lieder, die so wiederholend und zyklisch sind, sind oft die tiefgründigsten und wohltuensden. Winterlich, düster, ruhig.
5. Cat Power - Sea of Love
Ich habe das früher immer auf der Ukulele gespielt. Der Song hat dieselben Akkorde wie 'When I'm Cleaning Windows'. Er ist so traurig und soft. Ein minimalistisches und spärliches Cover.
6. The National - Slipped
Wenn du traurig bist, höre dir dieses Album an und alle anderen von The National. Sein Gesang klingt so gelangweilt und mürrisch, wie als wäre er seit 10 Jahren in einer fetten Depression. 'I'm having trouble inside my skin, I'm trying to keep my skeletons in'. Er ist verletzlich, frustriert und einsam. Der Refrain ist dann aber überraschend hoffnungsvoll.
7. John Martyn - Hurt In Your Heart
Mein absolutes Lieblingsalbum. Die Akkordfolge in diesem Stück ist Wahnsinn. Er kann so toll über Schmerz singen. Er hat die richtigen Worte dafür und es klingt trotzdem so lieblich. „A word or a line, one stitch in time, to save this poor heart from breaking.” – Jeder kennt diesen Schmerz.
8. Low - Words
Wie viele andere habe auch ich zu diesem Album in meinem Zimmer gesessen und geheult. Und dieser Song ist der krasseste. Wenn der Bass reinkommt, so einfach und simpel und typisch für Low. Und so perfekt. Der Refrain hat nur drei Töne und fünf Wörter. “The pain is easy, too many words, too many words”. Ein so lähmender Gesang.
9. Anthony and the Johnsons - Knocking on Heaven's Door
Ich bin kein großer Dylan Fan – wir haben ihn früher nie gehört – aber die Coverversionen seiner Songs sind schon sehr gut, über Genre hinweg. Dieser ist mein Favorit. „I Am A Bird Now” haben wir oft im Auto gehört. Ich wusste dabei nie worum es geht, wer er war oder über was er gesungen hat. Ich wusste nicht warum er an jedes Wort ein „el“ gehangen hat und aus „Sea“ auf einmal „Seal“ wurde. Dann habe ich diesen Song gehört und fand ich wunderschön traurig.
10. Kate Bush - This Woman's Work
Es ist unmöglich diesen Song zu hören und nichts zu fühlen. Die Geschichte ist wunderbar erzählt. Ein sehr roher Song.
Der Autor
Martin Hommel ist freier Medienschaffender, Musiker und Musikliebhaber. Er betreibt den Blog Miserable Monday, auf dem es nur um traurige Indiemusik geht. Eine Idee, die er aus einem englischen Pub importiert hat, in dem jeden Montag ein DJ nur traurige Musik auflegte, niemand tanzte, keiner sprach und dennoch alle wahnsinnig erfrischt nach Hause gingen.
Zu den regelmäßigen Künstlerfeatures produziert er zweimal im Monat einen Musikpodcast für Radio T (jeden 1. und 3. Montag um 21.00 Uhr), in dem er frisch-releaste, traurige Musik vorstellt. Den aktuellen Podcast findet ihr hier zum Nachhören.