"Jon Savage: Die Geschichte von Joy Division": Ergreifende Band-Biographie
"Sengendes Licht, die Sonne und alles andere" rund um die Manchester Kult-Band
Es gibt wohl kein Albumcover, das in unzähligen Veränderungen derart oft auf T-Shirts, Tassen oder Poster gedruckt wurde und dennoch unverkennbar ist: Die Radioimpulse auf dem strengen Schwarz-Weiß-Cover von "Unknown Pleasures", dem Debütalbum von Joy Division aus dem Jahr 1979.
Nicht nur dieses optische Signal lässt den Mythos der Band weiterleuchten, auch die Musik hat Generationen von anderen Acts und Zuhörer geprägt, denn ohne diesen drängenden wie düsteren Post-Punk von Joy Division gäbe es heute wohl eine andere Art des Dark Waves oder Indie Rock und auch keine Band namens New Order...
Dass es zu diesem erfolgreichen Electro-Pop-Projekt kam, setzte jedoch eine tragische Tat voraus, nämlich den Selbstmord von Sänger Ian Curtis. Im Alter von nur 23 Jahren erhängte er sich, kurz bevor die Band eigentlich zur ersten USA-Tournee aufbrechen wollte und der internationale Durchbruch bevorstand.
Die inneren Dämonen, die Curtis gequält haben, beschreiben Zeitzeugen, Bandmitglieder und Freunde in der Biografie des Punk-Chronisten Jon Savage eindringlich und emotional. Aber auch Curtis selbst kommt in raren Interviews zu Wort und was er über die anstehende Amerika-Tour noch am 28. Februar 1980, also nur drei Monate vor seinem Selbstmord sagte, ist beklemmend:
"Ich will einfach so weitermachen wie bisher, denke ich. Im Prinzip wollen wir spielen und Spaß dabei haben. Ich denke, wenn wie keinen Spaß mehr haben... ich denke, dann wird es Zeit, den Kram hinzuschmeißen. Das wäre das Ende".
Wie es auf dieses Ende unweigerlich drängte, darauf sind einige interessante Aussagen im Kapitel 11 des Buches zu studieren, das die intensiven Monate Februar und März 1980 umfasst und das hier als exklusive Leseprobe zur Verfügung steht.
Zu Wort kommen unter anderem Bernard Sumner (Gründungsmitglied und nun New-Order-Sänger), Musikmanager und Labelchef Tony Wilson, die Konzertveranstalterin und Ex-Freundin von Ian Curtis, Annik Honoré oder auch seine Ehefrau Deborah Curtis, die mit "Touching From A Distance" ebenfalls ein sehr berührendes Buch über diese Zeit geschrieben hat.
Zu einem Konzert von Joy Division im Februar 1980 schrieb ein NME-Rezensent, dass die Musik "physisch und luzid" zugleich sei, auch Annik Honoré beschreibt im Buch das "Leuchten", das von der Band ausging, die im Allgemeinen nur mit Düsternis in Verbindung gebracht wird.
Diese entrückten und energetischen – inzwischen legendären Live-Auftritte – werden durch die Aussagen und diese reichhaltige wie intelligent zusammen gestellte Oral History in Savages Buch wirklich wieder lebendig. "Joy Divsion will tear you apart. Immer noch."
Video: Joy Division – Love will tear us apart
"Sengendes Licht, die Sonne und alles andere. Die Geschichte von Joy Division" ist unter anderem deshalb so faszinierend, weil es von Geschichten aus erster Hand lebt. Nicht nur der Autor Jon Savage hat die Band seit ihren frühesten Tagen begleitet, auch die vielen anderen zu Wort kommenden Menschen waren damals in Manchester dabei als der Mythos wuchs und zerbrach.
Verschiedene Stimmen füllen also diese ungewöhnliche Biographie, die mit dem Format Oral History spielt und so gründlicher ein eigentlich unergründliches Pop-Phänomen wie Joy Division aufarbeiten kann. Die Band existierte nur zwei Jahre lang, doch ihre Energie und Erhabenheit strahlt bis heute aus. Dies sichtbar zu machen ist die große Stärke dieses Buches.
Hörbar ist diese Kraft in den düsteren Songs von Joy Division, aber auch im strahlenden Sound der Nachfolgeband New Order. Hier zusammengefasst in einer Liste, inklusive Geschichten und Hintergründe zu den jeweiligen Liedern:
▹ Die zehn besten Songs von Joy Division und New Order