Mit dem Song „Die Unendlichkeit“ beginnt eine grollende brodelnde Reise ins Ich als dieses noch Teenie war: Das Lied klingt dumpf, aber dennoch drängend – eben wie aus dem abgeschlossenen Zimmer eines Jugendlichen heraus und am Ende des Songs ertönt ein Knall: Die Zimmertür wird zugedonnert, eine klassische Teenie-Geste.
Damit ist der Rahmen gesteckt zwischen Erinnerung und Ermächtigung der Vergangenheit: Jeder Song beschreibt mit anderen musikalischen Mitteln eine Station auf dem Weg zum Erwachsenenwerden – es finden sich auf dem Album Liedermacher-Gitarren, noisige Klangteppiche oder soundtrackartige Vibraphoren-Klänge wieder.
„Electric Guitar“ ist eine herzzerreißende Hymne: Teenage Riot trifft auf Teen Angst und alle Schlagworte treffen mitten ins Herz der Hörer. „Hey du“ knarzt und knurrt dann gegen Mobbing und ist ein wütendes Manifest für alle Außenseiter: „Hey du, was starrst du mich an. Breitbeinig auf der Bank. Bin ich etwas, das du nicht kennst. Dass du mich Schwuchtel nennst“, singt Dirk von Lowtzow trotzig.
Vielleicht hat Tocotronic mit dem Album etwas geschafft, was eigentlich als unmöglich gilt: Etwas Vergangenes noch einmal zu erleben. In dem Lied “Unwiederbringlich” wird das mit diesem schönen Satz so beschrieben: „Es gab noch keine Handys, es war alles Gegenwart, die Zukunft fand ausschließlich in Science-Fiction-Filmen statt“.
An diese Zeile sollte man sich beim nächsten Tocotronic-Konzert erinnern, das Smartphone endlich in der Tasche lassen und den Moment genießen, denn er wird unabänderlich Vergangenheit. Und irgendwann wird er dann zur Erinnerung an ein echtes Erlebnis und nicht zur Erinnerung an ein kaltes Display.
Tracklist:
- Die Unendlichkeit
- Tapfer und grausam
- Electric Guitar
- Hey Du
- Ich lebe in einem wilden Wirbel
- 1993
- Unwiederbringlich
- Bis uns das Licht vertreibt
- Ausgerechnet Du hast mich gerettet
- Ich würd’s Dir sagen
- Mein Morgen
- Alles was ich immer wollte war alles
Tourdaten:
06.03.2018 Bremen – Schlachthof
07.03.2018 Münster – Sputnikhalle
08.03.2018 Heidelberg – Halle 02
09.03.2018 Erlangen – E-Werk
11.03.2018 Erfurt – Stadtgarten
12.03.2018 Köln – E-Werk
13.03.2018 Wiesbaden – Schlachthof
14.03.2018 Hannover – Capitol
17.03.2018 Hamburg – Große Freiheit 36
06.04.2018 Leipzig – Werk II
07.04.2018 Essen – Weststadthalle
08.04.2018 Stuttgart – Theaterhaus
11.04.2018 Freiburg – E-Werk
12.04.2018 München – Tonhalle
14.04.2018 Dresden – Alter Schlachthof
16.04.2018 Berlin – Columbiahalle